Wind- und Solarstrom werden nicht immer dann produziert, wenn der Strom benötigt wird. Teilweise produzieren alle Windkraftanlagen Deutschlands über längere Zeit weniger Strom als ein einziges Kohlekraftwerk. Ausreichend Stromspeicher gibt es bisher nicht und sind auch nicht in Planung. Daher muss ständig eine grundlastfähige Kraftwerkskapazität vorgehalten werden, die den gesamten Strombedarf Deutschlands decken kann. Dies wird mit dem Atom- und Kohleausstieg nicht mehr der Fall sein.
Im Folgenden wird anhand konkreter Zahlen und offizieller Statistiken dargelegt, wie sich die Situation entwickelt hat, wie sie heute ist und wie die Stromversorgung zukünftig aussehen wird, wenn der Atom- und Kohleausstieg wie geplant umgesetzt wird.
Aufbau der erneuerbaren Energien
Gerne feiert sich die deutsche Bundesregierung dafür, dass der Anteil “erneuerbarer Energien” an der deutschen Stromerzeugung 2018 auf 38 % gestiegen ist. Tatsächlich steigt der Anteil der erneuerbaren Stromerzeugung, also Wind, Solar, Wasser und Biomasse seit Jahren kontinuierlich an.
Die folgende Grafik zeigt dabei, wie sich zwischen 2005 und 2021 die installierten Kapazitäten der volatilen Stromquellen (Wind&Solar) und grundlastfähigenStromquellen (Atomkraft, Kohle, Gas, Erdöl, Wasserkraft, Biomasse) entwickelt haben:
Die installierte Leistung von Wind- und Solarkraft nimmt stetig zu (Quelle: Fraunhofer ISE)
Die installierte Leistung der volatilen Energieträger hat sich zwischen 2005 und 2020 knapp vervierfacht. Die Menge an installierter grundlastfähiger Kraftwerksleistung dagegen ist in den letzten 15 Jahren nahezu konstant geblieben, sie pendelte zwischen 100 GW und 111 GW. Normalerweise müsste man davon ausgehen, dass wenn Kapazitäten in einem Bereich aufgebaut werden, im Gegenzug Kapazitäten im anderen Bereich abgebaut werden, zumal der Energiebedarf sogar eine leicht sinkende Tendenz hat. Die Entwicklung zeigt jedoch, dass Deutschland in den letzten 15 Jahren Doppelkapazitäten aufgebaut hat. Dem Aufbau von Wind- und Solarkraft steht kein nennenswerter Abbau von grundlastfähiger Kraftwerksleistung entgegen. Die Abschaltung mehrerer Kernkraftwerke ab 2011 wurde zunächst größtenteils durch den Neubau von Biomasse- und Gaskraftwerken ausgeglichen (siehe unten). Theoretisch liegt die insgesamt installierte Kraftwerksleistung damit schon seit 2015 bei über dem doppelten des Bedarfs.
Wichtig: Die installierte Leistung entspricht der theoretischen Höchstleistung der Kraftwerke. Praktisch erreicht aber kein Kraftwerk zu jeder Zeit 100% seiner Leistungsfähigkeit (u.a. durch Wartung, Reparaturen), weshalb insgesamt mehr installierte als tatsächlich benötigte Leistung vorhanden sein muss. Zwar würde seit 2015 die installierte Leistung an Wind- und Solarkraft ausreichen, um über 100% des deutschen Strombedarfs zu decken. Dies war aber praktisch bisher noch an keinem Tag der Fall. De facto wird noch einmal genügend installierte grundlastfähige Leistung benötigt, um 100% des deutschen Strombedarfs zu decken, da Wind- und Solarkraft teils tagelang fast keine Energie liefern, wie der nächste Abschnitt zeigen wird.
Das Problem der volatilen Energieerzeugung
Wie bereits oben gezeigt, sind in Deutschland seit 2018 größere Kapazitäten an volatilen Energiequellen (Windkraft und Solarenergie) installiert, als an grundlastfähigen Energiequellen. Theoretisch könnten die beiden “erneuerbaren” Energieträger Wind und Sonne mit einer installierten Leistung von 105,3 GW im Jahr 2018 problemlos den Energiebedarf Deutschlands von in der Spitze knapp 80 GW decken.
Allerdings gab es bis heute keinen einzigen Tag, an welchem Wind und Sonne zusammen den deutschen Energiebedarf decken konnten. Im Gegenteil gibt es jedoch immer wieder tagelange Phasen, in welchen Wind & Sonne fast gar keinen Strom produzieren. Hier ein paar Beispiele aus 2018, 2019 und 2020:
Im Winter produzieren die Solarkraftwerke durch die schwache Sonne deutlich weniger Strom. (Quelle: Agora Energiewende)
Diese Tabelle zeigt im 4-Stunden Takt den Stromverbrauch vom 10.01.18 bis 12.01.18, sowie die jeweils produzieren Mengen Windkraft und Solarenergie. Während der Stromverbrauch nachts bei knapp 60 GW liegt, klettert er an den drei Werktagen mittags auf bis zu 80 GW.
Die Windenergie ist die gesamten drei Tage extrem schwach, am 11.01.18 gegen 12 Uhr werden nur 0,68 GW Windenergie (On- und Offshore kombiniert) erzeugt. Dies bedeutet, dass alle Windkraftanlagen Deutschlands zusammen weniger Energie erzeugen, als ein einzelnes mittelgroßes Kohlekraftwerk. Damit können gerade einmal 1,12% der installierten Leistung von 60,6 GW Windenergie abgerufen werden.
Der Wirkungsgrad der Solarenergie ist ebenfalls niedrig, bedingt durch die schwache Wintersonne. Sie kann in der Spitze bis zu 9,37 GW beisteuern, bei einer installierten Leistung von 48 GW.
Insgesamt stellen Wind und Sonne über drei Tage hinweg keinerlei nennenswerte Strommengen zur Verfügung. Ohne die grundlastfähigen Kraftwerke wäre es zu einem tagelangen landesweiten Blackout gekommen.
Im Sommer ist die Solarenergie tagsüber stark.(Quelle: Agora Energiewende)
Im Sommer ergibt sich ein leicht anderes Bild. Diese Tabelle zeigt wieder im 4-Stunden Takt den Stromverbrauch vom 07.06.18 bis 09.06.2018, sowie die jeweils produzieren Mengen Windkraft und Solarenergie. der 09.06.2018 ist ein Samstag, weswegen der Tagesverbrauch niedriger als an den beiden anderen Tagen ist. Während auch hier der Wind tagelang fast keinen Strom liefert, und am 09.08.18 mit gerade einmal 0,74 GW seinen Tiefpunkt findet, steuert die Solarenergie wenigstens tagsüber mit bis zu 26,6 GW einen nennenswerten Anteil zur deutschen Stromproduktion bei.
Es zeigt sich, dass die Solarenergie zumindest im Sommer bei guten Bedingungen (wolkenarmes Wetter) eine sinnvolle Ergänzung zum Energiemix sein kann, da relativ zuverlässig zu Zeiten produziert wird, zu welchen der Verbrauch steigt. Dennoch werden gerade nachts weiterhin zuverlässige Alternativen benötigt.
Diese Tabelle zeigt im 4-Stunden Takt den Stromverbrauch sowie die jeweils produzieren Mengen Windkraft und Solarenergie exakt ein Jahr später, also vom 07.06.19 bis 09.06.2019.
Hier lässt sich verdeutlichen, wie volatil (schwankungsstark) Wind- & Solarenergie sind. Während alle deutschen Windräder in der Nacht des 07.06.19 gerade einmal 3,4 GW bereitstellen können, steigt dieser Wert im Verlaufe des 08.06.19 auf bis zu 31,5 GW. Um 12 Uhr erzeugen Sonne und Wind zusammen 51,5 GW Strom und können somit immerhin 78% des Strombedarfes decken. Am nächsten Tag bricht die Windenergie wieder ein und kommt um 16 Uhr auf nur noch 2,2 GW. Um 20 Uhr können Sonne und Wind zusammen nur noch 11,5% des Strombedarfes decken. Den Rest müssen grundlastfähige Kraftwerke übernehmen.
Im November 2020 kam es vom 26.11 bis zum 30.11 zu einer viertägigen Dunkelflaute. Am 27.11 um 4 Uhr etwa erzeugten alle Windkraftanlagen in Deutschland zusammen nur 1,13 GW Strom, weniger als das Kohlekraftwerk Moorburg (Hamburg) mit einer Nennleistung von 1,6 GW. Somit wurden weniger als 2% des Strombedarfs gedeckt. Die Lücke konnten konventionelle Kraftwerke, vor allem Kohlekraftwerke, schließen. Ohne die grundlastfähigen Kraftwerke, welche in den nächsten Jahren abgeschaltet werden sollen, hätte Deutschland einen mindestens 4-tägigen kompletten Stromausfall erlebt. Selbst die 10-fache Kapazität an erneuerbaren Energien hätte bei weitem nicht ausgereicht um den Strombedarf zu decken. Nötig wären 100x mehr Windkraftanlagen gewesen. Es nützt auch nichts, wenn vorher oder nachher wesentlich mehr Strom aus Wind & Sonne erzeugt wurde, da keine effektiven Speicher zur Verfügung stehen. Der Strom muss zu dem Zeitpunkt erzeugt werden, zu welchem er verbraucht wird.
Die Tatsache, dass Wind & Sonne 2020 zusammen bereits einen Anteil von kapp 50%an der deutschen Stromproduktion hatten, bedeutet nicht, dass diese 50% auch dauerhaft und verlässlich bereitgestellt werden. Ein Industrieland wie Deutschland kann aber nicht tagelang auf Strom verzichten.
Verbrauch und Speicherung
Grundsätzlich muss der Strom dann erzeugt werden, wenn er verbraucht wird. Eine Speicherung im Stromnetz, wie von manchen Politikern behauptet, ist nicht möglich.
Das europäische Stromnetz ist auf eine Netzfrequenz von 50 Herz (Hz) ausgelegt, von welcher nur minimal abgewichen werden kann. Bereits Abweichungen von 3 Hz können zu größeren Schäden an angeschlossenen Anlagen führen. Die Netzfrequenz wird bislang insbesondere durch die Schwungmasse großer Turbinen in großen Kraftwerken stabil gehalten. Diese bilden auch die Momentan-Reserve und können die Leistung unmittelbar an den Bedarf anpassen. Fallen diese stabilen und flexiblen Erzeuger weg und werden durch schwankende und nicht planbare Energiequellen (Wind & Sonne) ersetzt, begrenzt das die Möglichkeiten das Stromnetz auf der Erzeugerseite stabil zu halten. Aufgrund der oben beschriebenen notwendigen Gleichzeitigkeit von Erzeugung und Verbrauch muss folgerichtig der Verbrauch reduziert werden. Dies erfolgt bereits jetzt über einen sog. “Lastabwurf”. Dabei werden große Verbraucher (z.B. Aluminiumwerke) gezielt vom Netz getrennt, haben also einen Blackout. Um Lastabwürfe oder größere Blackouts wegen mangelnder Erzeugung zu verhindern, benötigt man für eine auf Wind & Sonne basierende Stromversorgung zwingend große Stromspeicher, welche zusätzlichen Strom produzieren, wenn dieser benötigt wird.
Als Speicher dienen zurzeit hauptsächlich Pumpspeicherkraftwerke. In Deutschland sind heute Pumpspeicherkraftwerke mit einer installierten Kapazität von 6,5 GW vorhanden. Diese sind jedoch nicht geeignet, lang andauernde Stromflauten zu überbrücken. Das leistungsstärkste Pumpspeicherwerk Europas, das englische Pumpspeicherkraftwerk Dinorwig, kann für sechs Stunden Strom erzeugen, bevor das Becken leer ist. Danach wird Strom benötigt, um das Becken wieder zu füllen. Bei Wind- und Sonnenflauten von über 72 Stunden (siehe oben) könnten Pumpspeicherkraftwerke daher nur in den ersten Stunden stabilisierend eingreifen. Um für 72 Stunden kontinuierlich den Stromertrag eines solchen Pumpspeicherkraftwerkes bereitzustellen, würden 12 Pumpspeicherkraftwerke benötigt (72/6 = 12), welche nacheinander produzieren. Um den Ausfall von Wind und Sonne für drei Tage mit einer Leistung von 60 GW zu kompensieren, bräuchte Deutschland über 720 neue Pumpspeicherwerke der Größe Goldisthal, einem von nur zwei Pumpspeicherwerken in Deutschland mit einer Leistung von über 1 GW. Ein großflächiger Ausbau wäre mit entsprechenden Eingriffen in die Natur und Landschaft verbunden. Ob der Neubau von 720 großen Speicherwerken überhaupt realistisch ist, darf getrost angezweifelt werden. Das Fraunhofer ISE geht in einer Studie von 2012 (Seite 15) davon aus, dass sich die Pumpspeicherkapazitäten in Deutschland maximal auf 10 GW und eine Speichermenge von 60 GWh (ergäbe 10 Stunden Vollastbetrieb) steigern lassen. Aktuell gibt es in Deutschland lediglich 17 Pumpspeicherwerke mit einer Leistung von über 0,1 GW.
Andere Speichertechnologien mit nennenswerten Kapazitäten gibt es derzeit nicht und sind auch in den nächsten 10-20 Jahren nicht in Sicht (zu Power-to-Gas, Vehicle-to-Grid und der geplanten Überbrückung mit neuen Gaskraftwerken weiter unten).
Die Abschaltung der grundlastfähigen Kraftwerke
“Es gibt einen konkreten Zeitplan zur Abschaltung grundlastfähiger Kraftwerke, aber noch keinerlei Plan, wie diese ersetzt werden sollen.”
Da die volatilen Energieträger Wind & Sonne unabhängig von ihrer installierten Leistung – auch 10x so viele Windräder wie heute produzieren bei Flaute keinen Strom – wie gezeigt teils tagelang keine nennenswerten Strommengen erzeugen, muss jederzeit eine entsprechende Kapazität an grundlastfähigen Kraftwerken bereitstehen. Im Folgenden betrachten wir also die Entwicklung der grundlastfähigen Energieerzeugung in Deutschland und lassen Wind & Sonne außen vor.
Das Diagramm zeigt die grundlastfähige Stromerzeugung (blau) gegenüber dem Stromverbrauch (orange). Mit dem Kohle- und Atomausstieg wird spätestens 2023 die verfügbare Menge Grundlaststrom unter den Bedarf fallen. (Quelle: bis 2020 Fraunhofer ISE, danach Projektion nach beschlossenen Atom- und Kohleausstieg)
Insgesamt steht Deutschland im Jahr 2019 noch gut da. Das Land hat genügend installierte Kapazitäten, um seine Stromerzeugung sicherzustellen. Die real verfügbare Grundlast wird mit 85% der installierten Leistung berechnet, da nicht alle Kraftwerke jederzeit mit ihrer Vollast zur Verfügung stehen (z.B. wegen Wartung, Inspektion, Defekt, etc.) Dieser Wert ist eher optimistisch angesetzt, siehe hier.
Die Reduktion der verfügbaren Atomkraft (rot) um 13 GW seit 2002 (insb. 2011) wurde durch den Ausbau entsprechender Kapazitäten im Bereich Gas (gelb) und Biomasse (grün) ausgeglichen. Die Energieträger Kohle (schwarz), Wasser (blau) und Mineralöl (nicht in der Grafik) verändern sich zwischen 2002 und 2019 praktisch nicht. So konnten die verlässlichen Kapazitäten bisher insgesamt erhalten werden.
2019 machen Kohle und Atomstrom zusammen aber immer noch 54% der grundlastfähigen Stromerzeugung aus:
Erneuerbare Energien haben nur einen Anteil von 13 % an den zuverlässigen Energiequellen(Quelle: Frauenhofer ISE)
Nun hat die Bundesregierung bereits 2011 beschlossen, die restlichen Atomkraftwerke nach einem festen Plan bis 2022 vom Netz zu nehmen. Die 2019 noch verbleibende Kapazität der Atomkraftwerke von 9.5 GW, welche 2018 noch 14% des benötigten Stroms erzeugten, wird daher wegfallen.
Zusätzlich soll bis 2038 aus der Kohleverstromung (Braunkohle und Steinkohle) ausgestiegen werden. Dies bedeutet den Wegfall von zusätzlichen 43,9 GW verlässlicher Kapazität, welche 2018 immerhin 39% des benötigten Stroms erzeugte. Insgesamt fallen so bis 2038 ganze 53,4 GW an verlässlicher Kapazität weg. Spätestens 2023 sinkt dadurch die insgesamt installierte Kapazität verlässlicher Energiequellen unter den deutschen Strombedarf ab. Können unsere Nachbarn dies nicht kompensieren, wird es spätestens bei einer windstillen Nacht zum landesweiten Stromausfall kommen.
Strom Import und Export
Deutschland war lange im Saldo Stromexpoteur – im Juni 2019 änderte sich dies (Quelle: Agora Energiewende)
Deutschland hat jahrelang Strom exportiert, negative Monatsbilanzen gab es nicht. Dabei wurde allerdings nicht, wie gerne behauptet, überschüssige Wind- und Solarenergie exportiert, denn diese Energieträger haben noch nie 100% oder mehr des deutschen Strombedarfs erzeugen können, folgerichtig kann es hier auch keinen Überschuss geben. Da Deutschland aber wie oben dargestellt mittlerweile Doppelkapazitäten aufgebaut hat, war ein Stromexport möglich.
Seit März 2019 nehmen jedoch die Stromimporte zu, und die Exporte gehen zurück. Der Juni 2019 war der erste Monat seit Jahren, in welchem Deutschland insgesamt eine negative Import- Exportbilanz hatte. Am 28.05.2019 mussten im Tagesschnitt 8 GW importiert werden.
Es ist zu erwarten, dass der Importbedarf schnell weiter steigen wird, wenn deutsche Kapazitäten wegfallen. Da die Kraftwerksleistung unserer Nachbarn primär auf die Deckung des eigenen Energiebedarfs ausgelegt ist, wird sich zukünftig zeigen, wie viel Strom Deutschland importieren kann, bis auch die Nachbarländer keine freien Kapazitäten haben.
Kein Ausbau in Sicht
Der Bund der deutschen Energiewirtschaft hat eine Übersicht (2019) erstellt, in welcher alle derzeit geplanten Kraftwerksneubauten aufgelistet sind.
Demnach ist bisher bis 2025 an verlässlichen grundlastfähigen Energieträgern nur der Aufbau von weiteren 4,3 GW an Gaskraftwerken geplant. Weitere 5,5 GW Gaskraftwerke sind in Planung, jedoch noch ohne absehbares Fertigstellungsdatum. Zudem sind weitere 0,9 GW Pumpspeicherkraftwerke in einem frühen Planungsstadium. Diese neuen grundlastfähigen Kraftwerke wurden in der Abbildung oben bis 2038 berücksichtigt. Zudem wird davon ausgegangen, dass ab 2022 jedes Jahr 0,6 GW Erdgas zugebaut wird, auch wenn dafür bisher keinerlei Planungen vorliegen.
Zudem wird davon ausgegangen, dass ab 2030 Power-to-Gas (Wasserstofferzeugung) Kapazitäten aufgebaut werden. Bisher sind für Power-to-Gas nur einige wenige Pilotprojekte mit Leistungen um die 0,1 GW in Planung. Dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist es mit einer Modellanordnung bereits gelungen, einen Wirkungsgrad von 75% zu erreichen. Für die Speicherung von 1 GW Strom in Wasserstoff müssten demnach zuvor ca. 1,3 GW investiert werden. Um eine viertägige Dunkelflaute zu überbrücken, müsste man die gesamte Tagesproduktion bzw. entsprechende Überschüsse von 5,3 Tagen speichern. Von derartigen Überschüssen sind die alternativen Energiequellen in Deutschland wie gezeigt noch weit entfernt.
Ein weiterer nennenswerter Ausbau von Wasserkraft und Biomasse gilt dagegen in Deutschland als unmöglich. Die vorhandenen Potenziale hier sind bereits ausgeschöpft. Dementsprechend haben beide Energieträger auch schon in den letzten Jahren keine nennenswerte Steigerung mehr erfahren. In der obigen Grafik wird dennoch davon ausgegangen, dass sich die Biomasseerzeugung um 0,1 GW pro Jahr steigern wird, auch wenn die Steigerung zwischen 2017 und 2019 pro Jahr nur bei 0,03 GW lag.
Ergebnis
Wind & Sonne können keine verlässliche Stromerzeugung sicherstellen. Bisher konnte dies durch genügend Kapazitäten verlässlicher Energieträger abgefangen werden. Nun will die Bundesregierung aber bis 2038 ganze 53 Gigawatt an verlässlichen Energiequellen abbauen, obwohl bisher nur Ersatz von 12,2 GW in Planung ist.
Durch diese neue Situation wird die deutsche Stromversorgung zwangsläufig zusammenbrechen, wenn die Beschlüsse und Gesetze tatsächlich umgesetzt werden.
Entwicklung mit Elektroautos
“Weht nachts kein Wind, kann das Elektroauto nicht geladen werden.”
Die deutsche Bundesregierung verfolgt zusätzlich das Ziel, langfristig sämtliche Verkehrsmittel (Autos/LKW, etc.) mit Verbrennungsmotoren durch Verkehrsmittel mit Elektroantrieb zu ersetzen. Würde dieses Ziel erreicht, würde ein erheblicher Mehrbedarf an elektrischer Energie anfallen. Gemäß einer Studie von PwC würde sich der Mehrbedarf auf ungefähr 33% des heutigen Strombedarfs belaufen. Der Strombedarf würde dann nicht wie oben abgenommen weiter leicht sinken, sondern signifikant ansteigen:
Die voraussichtliche Entwicklung mit Elektroautos (Quelle: bis 2019 Fraunhofer ISE, danach Projektion nach beschlossenen Atom- und Kohleausstieg und Strombedarf Elektroautos nach PwC)
Die Grafik geht davon aus, dass bis etwa 2024 keine nennenswerte Elektrifizierung des Verkehrs stattfindet, da die Verbraucher überwiegend weiterhin Verbrennungsmotoren kaufen. Ab 2025 steigt dann der Bedarf durch die voranschreitende Elektrifizierung kontinuierlich an, 2038 ist der Verkehr vollständig elektrifiziert. Selbst wenn die Elektrifizierung des Verkehrssektors langsamer erfolgen sollte und/oder weniger Kapazitäten erfordern sollte, so wird dennoch deutlich, dass der Mehrbedarf nicht gedeckt werden kann.
Die gleichzeitige politisch erzwungene Bedarfserhöhung durch Umstieg auf Elektrofahrzeuge und der Ausstieg aus der grundlastfähigen Stromerzeugung laufen sich fundamental entgegen.
Vehicle-to-Grid (V2G)
Unter Vehicle to grid (V2G, zu Deutsch: Vom Fahrzeug zum Netz) versteht man ein Konzept zur Abgabe von elektrischem Strom aus den Batterien von Elektro- und Hybridautos zurück in das öffentliche Stromnetz. Oft wird argumentiert, in Zukunft ließen sich kurzfristige Produktionsengpässe, etwa durch Windflauten, mit V2G ausgleichen. Da die meisten Fahrzeuge den größten Teil des Tages geparkt sind, wird die in deren Batterien gespeicherte Energie nicht benötigt und kann zurückgeführt werden. Der Autobesitzer erhält hierfür eine entsprechende Vergütung.
Aber wieviel Energie könnten die Elektrofahrzeuge tatsächlich bereitstellen? Hierzu eine Modellrechnung: Zunächst gehen wir davon aus, dass zwischenzeitlich etwas über 50% der deutschen PKW durch Elektroautos ersetzt wurden. 2018 waren in Deutschland ca. 47 Millionen PKW zugelassen, wir rechnen daher mit 25 Millionen Elektroautos. Hinsichtlich der Batteriekapazität rechnen wir mit 75 KWh pro Fahrzeug. Dies ist mehr als die meisten heute verkaufen Elektrofahrzeuge verbaut haben (BMW i3: 56 KWh). Einen entsprechenden Netzausbau vorausgesetzt, sollten die 25 Millionen Elektroautos gemeinsam leicht auf über 80 GW gleichzeitiger Leistung kommen, genug also um Deutschland zu versorgen. Hieraus ergibt sich Folgendes:
Anzahl Elektroautos: 25 Millionen
Batteriekapazität: 75 KWh
= Verfügbare Energie: 1,88 TWh (1.875 GWh)
Der Stromverbrauch Deutschlands liegt im Schnitt bei 1,4 TWh pro Tag. Somit wären Elektroautos in der Lage, Deutschland über einen Tag lang mit Strom zu versorgen. Dies setzt allerdings voraus, dass ALLE Fahrzeuge volle Batterien haben, dass ALLE Fahrzeuge nicht bewegt werden und hätte den Effekt, dass am Ende ALLE Elektrofahrzeuge Deutschlands leere Batterien hätten.
Dies ist kein praxisnahes Szenario. Tatsächlich wird daher wesentlich weniger Energie zur Verfügung stehen, alleine weil die Fahrzeugbesitzer einen Teil ihrer Ladeenergie selbst zum Fahren benötigen. Hinzu kommt, dass jeder Lade- und Entladezyklus die Batterie abnutzt und deren Effizienz (und Wert) mindert.
Fazit:Die Rückeinspeisung von Energie aus den Batterien von Elektroautos kann nützlich sein, um Spitzenbedarf kurzzeitig abzufedern. Die Technik ist allerdings nicht geeignet, um über Zeiträume von über 12h Strom zu liefern. Bei den besonders im Winter auftretendentagelangen Dunkelflauten (s.o.) ist V2G keine Versorgungsalternative.
Weiterführende Links
Allgemeine Informationen
Rüdiger Stobbe schreibt eine wöchentliche Analyse über die deutsche Energieerzeugung. Eine Übersicht seiner bisher erschienenen Artikel findet sich auf seiner Website.
Die Seite Agora Energiewende bietet das Agorameter an, in welchem man die deutsche Energieerzeugung ab 2012 statistisch und tagesaktuell verfolgen kann. Einige der oben angeführten Daten stammen von dort.
Presseberichte
faz.net – Artikel vom 16.08.2021 über vermehrte “Lastabwürfe” wegen Strommangels in Deutschland
Welt.de – Artikel vom 31.03.2021 zum Bericht des Bundesrechnungshofs, welcher wegen der Energiewende u.a. vor Versorgungslücken warnt
Welt.de– Artikel vom 04.03.2021 über Versorgungssicherheit und die Notwendigkeit, bereits am 08.01.2021 zum Jahresanfang stillgelegte Kohlekraftwerke wieder ans Netz zu nehmen
Welt.de– Artikel vom 14.02.2021 zu den steigenden Netzentgelten für die Industie durch Atom- und Kohleausstieg
Youtube.com– Fernsehbericht des RBB von 2021 zur Energiewende mit Stellungnahme von Prof. Schwarz von der BTU Cottbus-Senftenberg, welcher ebenfalls die Versorgungsicherheit gefährdet sieht.
Die Historie der Energiewende
2022
31/12/2022
Das letzte deutsche Kernkraftwerk geht vom Netz
Mit den drei KKWs Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 gehen die letzten deutschen Kernkraftwerke planmäßig vom Netz. Die drei KKW hatten je eine Netto-Leistung von über 1300 MW (1,3 GW). Somit fallen auf einen Schlag über 4 GW an grundlastfähiger Energieerzeugungskapazität weg.
2021
01/01/2021
Der Kohleausstieg beginnt
Am 01.01.2021 wurden die ersten Kohlekraftwerke nach dem von der Bundesregierung beschlossenen Kohleausstieg abgeschaltet. Dabei gingen 4,7 GW vom Netz. Bereits am 08.01.2021 mussten einige der Kraftwerke jedoch wieder angefahren werden, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
2019
25/01/2019
Abschlussbericht Kohlekomission
Die von der Bundesregierung eingesetzte sog. “Kohlekomission” empfiehlt ein Ende der Kohleverstromung bis zum Jahr 2038. Nach Möglichkeit sollte dieses Ziel auf 2035 vorgezogen werden.
2015
27/06/2015
Planmäßige Abschaltung deutscher Kernkraftwerke
Mit dem KKW Grafenrheinfeld geht nach der sofortigen Abschaltung von 8 AKW nach dem Unfall in Fukushima das erste KKW nach dem neuen Ausstiegsplan vom Netz. Das KKW Grafenrheinfeld hatte eine Netto-Leistung von 1275 MW (1,27 GW).
2014
03/12/2014
Aktionsprogramm Klimaschutz 2020
Das Bundeskabinett beschließt das Aktionsprogramm Klimaschutz 2020. Dieses sieht vor, dass Deutschland seine Emissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 senkt. Deutschlands Stromwirtschaft soll rund ein Viertel davon beisteuern.
2013
17/12/2013
Endgültiges Ende der Atomenergie
Die neue “Große Koalition” aus CDU/CSU und SPD bestätigt den Atomausstieg bis 2022.
2011
11/03/2011
Fukushima
Am 11. März 2011 löst ein Erdbeben der Stärke 9 vor Japans Küste einen Tsunami aus. Eine 15 Meter hohe Welle trifft das Atomkraftwerk Fukushima Daiichi. In drei der sechs Reaktoren kommt es zu einer Kernschmelze.
Drei Tage später verkündet Kanzlerin Merkel ein „Atom-Moratorium“. Alle 17 deutschen Atomkraftwerke werden einer Sicherheitsprüfung unterzogen, die acht ältesten Reaktoren abgeschaltet. Insgesamt wird eine Kapazität von 8,4 Gigawatt vom Netz genommen. Die 2009 beschlossene Laufzeitverlängerung wird zurückgenommen. Nun soll doch bis 2022 aus der Atomkraft ausgestiegen werden. Damit kehrt Deutschland praktisch zum rot-grünen Ausstiegsbeschluss zurück. Im Bundestag stimmt eine breite Mehrheit für den neuerlichen Atomausstieg.
2009
27/09/2009
Laufzeitverlängerungen
Die neue Bundesregierung unter CDU/CSU und FDP beschließt eine Laufzeitverlängerung für deutsche Atomkraftwerke. Zudem bekennt sich die Regierung ausdrücklich zum Neubau „hocheffizienter Kohlekraftwerke“, um die wegfallenden Kapazitäten zu ersetzen.
2003
14/11/2003
Erstes Kernkraftwerk geht vom Netz
Mit dem Kernkraftwerk Stade geht das erste KKW nach dem beschlossenen Atomausstieg vom Netz. Das KKW Stade hatte eine Netto-Leistung von 640 MW (0,64 GW).
2000
14/06/2000
Atomkonsens
Die Bundesregierung unter SPD und Grünen beschließt den Atomausstieg. Zu diesem Zeitpunkt bezieht Deutschland 30 % seines Stroms aus Atomkraftwerken.
Aktuelle Stromerzeugung und Verbrauch
Die Grafik zeigt die deutsche Stromerzeugung und den Stromverbrauch der
letzten drei Tage. Immer wenn die Erzeugung unter der hellen
Magenta-Linie bleibt, ist Deutschland bereits jetzt auf Strom-Importe
angewiesen.
Warum wir Atomkraft brauchen
von Franziska Schneider
Umfragen
In Zahlen
34%
der Deutschen sind für eine Laufzeitverlängerung der Atomkraft
73%
der Deutschen sind für einen schnellen Kohleausstieg
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